Steuerpflichtige können Anträge auf Steuerfestsetzung, Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, Freistellung von einer Steuer oder Steuervergütungen nur innerhalb der gesetzlich geregelten Festsetzungsfrist stellen. Ausnahmen gelten nur, wenn einzelne Steuergesetze spezielle Fristen vorsehen. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Berichtigung aufgrund offensichtlicher Unrichtigkeiten (gemäß § 129 AO) gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 AO ebenfalls nicht mehr möglich.
Doch wann beginnt die Festsetzungsfrist?
Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 AO startet die Festsetzungsfrist mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer endgültig fällig wird.
Wie lange dauert die Festsetzungsfrist?
Die gesetzliche Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 AO beträgt:
• 1 Jahr für Zölle und Verbrauchsteuern,
• 4 Jahre für Besitz- und Verkehrssteuern.
In bestimmten Fällen verlängert sich diese Frist:
• auf 5 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung,
• auf 10 Jahre bei Steuerhinterziehung.
Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die Verjährungsfrist der Festsetzung mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige seine Steuererklärung einreicht. Wird keine Steuererklärung abgegeben, startet die Frist spätestens drei Jahre nach Entstehung des Steueranspruchs. Der Steueranspruch selbst entsteht immer mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres. Diese Regelung ist für alle wesentlichen Steuerarten verbindlich.
Erklärung und Beispiel:
Es handelst sich um den Veranlagungszeitraum Kalenderjahr 2023 (VJ).
Abgabe der Erklärung in 2024 Beginn der Frist mit Ablauf 31.12.2024
Abgabe der Erklärung in 2025 Beginn der Frist mit Ablauf 31.12.2025
Abgabe der Erklärung in 2026 Beginn der Frist mit Ablauf 31.12.2026
später gar nicht .
Die Festsetzungsverjährungsfrist startet ab einem festgelegten Zeitpunkt. Bei Steuerhinterziehung verlängert sich diese Frist jedoch um zusätzliche 10 Jahre ab ihrem Beginn.
Beispiel: Eine steuerpflichtige Person hinterzieht im Veranlagungszeitraum 2018 in erheblichem Umfang Steuern.
Die Einkommensteuererklärung für 2018 reicht sie erst im Jahr 2021 ein.
Aber wann genau endet die Festsetzungsverjährungsfrist?
Beginn der Frist gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf 31.12.2021, Frist 10 Jahre gemäß § 169 Abs.2 AO mit Ablauf 31.12.2031. In diesem Fall tritt die Festsetzungsverjährung bei Steuerhinterziehung erst nach 13 Jahren ein – dies stellt zugleich den maximal möglichen Zeitraum dar.
Anlaufhemmungen:
§ 170 Abs. 2 Nr. 1 stellt eine Sonderregelung dar, die den Beginn der Festsetzungsfrist betrifft. Dabei wird der Fristbeginn hinausgeschoben (sogenannte Anlaufhemmung) und beginnt nicht wie in § 170 Abs. 1 AO vorgesehen. Diese Anlaufhemmung greift unter bestimmten Voraussetzungen.
•bei gesetzlicher Erklärungs-, Anmeldungs- oder Anzeigepflicht,
•bei der Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern,
•bei Änderung oder Aufhebung einer „Festsetzung auf Antrag“,
•für die Jahre, die dem Erst Jahr eines Hauptveranlagungszeitraums folgen,
•für die Erbschaftsteuer.
Ablaufhemmungen:
Nach der Abgabenordnung (AO) gibt es keine Unterbrechung der Festsetzungsverjährung, jedoch eine sogenannte Ablaufhemmung. Diese sorgt dafür, dass das Ende der Festsetzungsfrist hinausgeschoben wird. § 171 AO nennt verschiedene Gründe für eine Ablaufhemmung. Beispiele hierfür sind: offenbare Unrichtigkeiten, der Beginn einer Außenprüfung, Ermittlungen durch die Steuerfahndung, Steuerstraftaten, die Aussetzung oder Vorläufigkeit von Steuerfestsetzungen sowie unwirksame Steuerfestsetzungen.
Ein konkretes Beispiel für eine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 2 AO lautet: „Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit (§ 129 AO) unterlaufen, endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe des Steuerbescheides.“ Zur Verdeutlichung ein Beispiel:
Eine Steuerpflichtige reicht ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 im Veranlagungszeitraum 2018 ein. Aus unbekannten Gründen erlässt das zuständige Finanzamt den Steuerbescheid erst im April 2022. Die Bekanntgabe des Bescheids erfolgt am 4. Mai 2022. In diesem Fall könnte der Steuerbescheid noch bis zum 31. Dezember 2022 aufgehoben oder geändert werden. Da der Zeitraum vom 4. Mai 2022 bis zum 31. Dezember 2022 kein ganzes Kalenderjahr umfasst, greift § 171 Abs. 2 AO. Dieser Paragraph stellt sicher, dass der Steuerpflichtigen ein volles Kalenderjahr – in diesem Fall bis zum 4. Mai 2023 – für einen Einspruch zur Verfügung steht. Damit tritt eine Ablaufhemmung bis zu diesem Datum ein.
Auch dies dient als Schutzregelung für den Steuerpflichtigen. Ohne diese Ablaufhemmung könnte das Finanzamt den Antrag einfach liegen lassen, bis die Festsetzungsverjährungsfrist verstrichen ist. Die Ablaufhemmung sorgt dafür, dass dieses Aussitzen verhindert wird und in jedem Fall eine Entscheidung getroffen werden muss.